Filme von Uchida Tomu
Filme von Uchida Tomu

In Japan hatte UCHIDA Tomu (1898-1970) schon zu Lebzeiten einen - bis heute nie ernsthaft in Frage gestellten - festen Platz im filmkulturellen Kanon. Außerhalb Japans war man sich seines Schaffens zwar bewusst, beschäftigte sich aber nie so recht damit.
Uchida war ein Freigeist: Statt, seiner gutbürgerlichen Herkunft entsprechend, die Schule zu beenden, brach er seine Ausbildung ab und verdingte sich eine Zeitlang als Klavierstimmer, bis er durch Zufall beim Film landete, wo er sich als Darsteller, Ausstatter sowie Regie- und Kameraassistent in rund einem Jahr das nötige Handwerk für seine kommende Karriere aneignete.
Als er nach seinem Debut, Aa, Konishi junsa (1922), entstanden in Co-Regie mit seinem Mentor KINUGASA Teinosuke, plötzlich keine Arbeit mehr finden konnte, zog er mit einer Wanderschauspielertruppe durch das Land, das zum Teil noch aufgrund des großen Kantô-Erdbebens verwüstet war, und lernte das Leben der ärmeren Bevölkerungsschichten kennen. Die erste Phase seines Schaffens, die mit Torii Sune’emon (1942) endet, steht im Zeichen eines polemischen, antikapitalistisch agitierenden Realismus.
Seinen Höhepunkt findet UCHIDAS Kampf mit der Wirklichkeit in Tsuchi (1939), einem über mehrere Jahre hinweg realisierten Traktat über die harten Lebensbedingungen landloser Reisbauern und ihre Abhängigkeit von den Pachtherren. Das Ende des 15jährigen Krieges erlebte Uchida in der Mandschurei, wo er bis 1953 freiwillig blieb, um der Filmindustrie der Volksrepublik China beim Aufbau zu helfen. Die zweite Phase in UCHIDAS Schaffen beginnt 1955 mit Chiyari Fuji, das ebenso wie Tsuchi zu den Schlüsselwerken der japanischen Filmgeschichte zählt. Mit der Zeit verkehrten sich aber die Genre-Vorzeichen, denn während in UCHIDAS Frühwerk Gegenwartsstoffe dominierten, ist sein Nachkriegskino von Historienfilmen (Jidai geki) aller Art bestimmt. Das Spektrum reicht dabei von realistischen Charakter- bzw. Milieustudien wie Chiyari Fuji (1955) oder Sake to onna to yari (1960), über die depressiv- bis nihilistischen Schwertkampf-Filme Daibosatsu tôge (1957-59; 3 Teile) und Miyamoto Musashi (1961-65; 5 Teile), bis hin zu hoch modernistischen Spektakeln. In Naniwa no koi no monogatari (1959) beispielsweise reflektiert er über das Verhältnis von Kunst und Künstlern zur Gesellschaft, in Koi ya koi nasu na koi (1962) wird das Kino schließlich selbst als Ort von Illusion und Reflektion thematisiert. UCHIDA Tomu widersetzt sich sämtlichen Klassifizierungsversuchen: Sein Kino hat einen Hang zur Brüchigkeit, zur Ambivalenz als Wesenheit aller Dinge und zur oft skeptisch-grüblerischen Selbsthinterfragung. Gleich bleibt sich allein das Bewusstsein für soziale Ungerechtigkeit und seine Solidarität mit den Benachteiligten.
Olaf Möller
Datum
08.09.2005 - 30.01.2006
Ort
Japanisches Kulturinstitut
Universitätsstraße 98
50674 Köln