Filme von Koreeda Hirokazu

Du bist nur die Gegenwart. Den Sehenden zum Andenken

Filmreihe

Filme von Koreeda Hirokazu

Du bist nur die Gegenwart. Den Sehenden zum Andenken

KOREEDA Hirokazu ist der einzige bedeutende Gegenwarts-Filmemacher Japans, dessen Spielfilm-Schaffen in Deutschland weitreichend zu sehen war: Maboroshi no hikari (1995) und Wandafuru raifu (1998) liefen ihrerzeit im Kino, sein aktuelles Werk, Dare mo shiranai (2004) startet bundesweit im April.

Für einen Filmemacher seiner Generation hat KOREEDA (geboren 1962 in Tôkyô) einen ungewöhnlichen Werdegang: Ohne jegliche praktische Erfahrung (d.h. ohne die mittlerweile üblichen Super-8-Talentproben) bewarb er sich nach Abschluss seines Literaturstudiums als Regieassistent bei der TV-Dokumentarfilmproduktion TV MAN UNION, INC. Seine erste Dokumentar-Regiearbeit, Mô hitotsu no kyôiku (1991) begann er heimlich in Eigenproduktion und drehte, wann immer er Zeit hatte. Vollendet wurde er aber erst nach seiner ersten Auftrags-Produktion, Shikashi... fukushi kirisute no jidai ni (1991), einer Recherche über zwei Freitode: der eine eines Beamten des Gesundheitsministeriums, der sich weit über das übliche Maß hinaus um das Wehe seiner Schutzbefohlenen sorgte und bemühte, der andere einer an der Minamata-Krankheit leidenden Frau, der die Sozialfürsorge gekürzt wurde.

Im Fernsehen wurde KOREEDA mit Kare no inai hachigatsu ga (1994) berühmt, einer Dokumentation über das Sterben des ersten Japaners, der sich öffentlich dazu bekannte, durch schwulen Sex mit HIV infiziert worden zu sein - ein Essay auch über die Grenzen dokumentarischer Objektivität und die Frage, inwieweit anteilnehmende Subjektivität nicht vielleicht sogar die Pflicht eines Filmemachers ist, der seine Materialien aus dem Leben schöpft.

Für seine Spielfilme griff KOREEDA (außer bei Maboroshi no hikari) auf seine Erfahrungen als Dokumentarist zurück, auch wenn sich das etwas verschroben anhört im Zusammenhang mit den freundlichen Bürokraten-Engeln in Wandafuru raifu, die dafür sorgen, dass die Seelen der Verstorbenen in ihre jeweils individuelle Ewigkeit - der schönsten Erinnerung ihres Lebens - geschickt werden. Als Basis des Films dienten KOREEDA eine Unmenge an Interviews, die er mit allen möglichen Menschen sowohl über ihre Jenseitsvorstellungen als auch ihre Vision von Glück führte.

Kioku ga ushinawareta toki (1996) geht der Frage nach, in welcher Welt die Opfer der Bürokratie leben. Er zeichnet das Portrait eines Mannes namens Sekine Hiroshi, der auf Grund eines unter anderem durch Kürzungen im Gesundheitswesen bedingten Kunstfehlers an der Wernickeschen Enzephalopathie erkrankt ist und nun keine (oder nur unter sehr erschwerten Bedingungen) Erinnerungen aufbauen kann. Man fragt sich: Was wird Herr Sekine den guten Geistern von Wandafuru raifu sagen, wenn sie ihn nach dem glücklichsten Moment seines Lebens fragen, der für ihn vielleicht nur in dem Augenblick selbst wahr war und nie wirklich Teil seines Daseins werden konnte? Welches Dasein?, ruft da KOREEDAs Meisterwerk Disutansu, eine rigorose Vermessung der Ferne zwischen den Menschen, einer Reflektion über das spirituelle Vakuum, das Vereinigungen wie die Aum-Sekte mit Jenseitsvisionen füllt, die so stark sind, dass sie Menschen zu arglosen Tötern machen: Da sitzen Blutsverwandte einander gegenüber und teilen denselben physischen Raum, ihre Seelen aber leben in verschiedenen Sonnensystemen, und alle Kommunikation ist Form.

Nun ist KOREEDA kein Pessimist, wie Mô hitotsu no kyôiku manifestiert, die zuneigungserfüllte Dokumentation eines Schulversuchs, in dem die Aufzucht und Pflege eines Kalbs ins Zentrum des Lehrbetriebs gestellt wird: eine Art Utopie, auf jeden Fall ein Beispiel.

Olaf Möller

Datum
04.04.2005 - 25.04.2005

Ort
Japanisches Kulturinstitut
Universitätsstraße 98
50674 Köln

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Film | Filme von Koreeda Hirokazu

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Film | Filme von Koreeda Hirokazu

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Film | Filme von Koreeda Hirokazu

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