Deutsch-Japanische Wissenschaftskooperationen am Rhein

Interkulturelle, interdisziplinäre und interuniversitäre Ringvorlesung

Sommersemester 2021: 14. April bis 21. Juli 2021
immer mittwochs, 18 Uhr

In diesem Jahr werden 160 Jahre deutsch-japanische Beziehungen gefeiert, die 1861 mit dem Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen Japan und Preußen ihren Anfang nahmen. Innerhalb des engen Geflechts bilateraler Beziehungen erwies sich stets der wissenschaftliche Austausch beider Länder als besonders fruchtbar und nachhaltig. Eine Vielzahl von Universitätspartnerschaften ermöglicht heutzutage Studien- und Forschungsaufenthalte im jeweils anderen Land. Fakultätsübergreifend werden in vielen Fachbereichen gemeinsame Projekte und Grundlagenforschung betrieben.

Wir freuen uns sehr, dass wir anlässlich des Jubiläumsjahres in einer Kooperation zwischen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, der Universität zu Köln sowie dem Japanischen Kulturinstitut Köln einen Einblick in das breite Spektrum aktueller Gemeinschaftsprojekte aus unterschiedlichen Fakultäten vermitteln können. In Form einer Ringvorlesung, die im Sommersemester 2021 stattfindet und später fortgeführt werden soll, werden Ergebnisse der gemeinsamen Forschungen aus verschiedenen Disziplinen präsentiert und in den größeren Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung in beiden Ländern gestellt. Zu den behandelten Themen gehören u.a. die Digitalisierung, der demografische Wandel in einer alternden Gesellschaft, geopolitische Fragen, die Rolle der Kultur in der Moderne und vieles mehr.

Die digitalen Vorträge mit anschließender Diskussion sollen nicht nur in Köln und Bonn eingeschriebenen Studierenden ein wichtiges interdisziplinäres und interkulturelles Angebot machen, sondern laden auch ein allgemein interessiertes Publikum ein, die Vorträge virtuell als Gasthörer zu besuchen. Alle Beiträge werden in allgemein verständlicher Form dargeboten und erfordern keine speziellen Vorkenntnisse. Die Vorträge werden auf Deutsch, zum Teil aber auf Englisch gehalten.

Am Beispiel der beiden Universitäten am Rhein dokumentiert die Ringvorlesung somit die engen wissenschaftlichen Verbindungen 160 Jahre nach dem Beginn der Beziehungen zwischen Deutschland und Japan. In der Auftaktveranstaltung der Vorlesungsreihe mit den Rektoren beider Universitäten wird ein Überblick über die Entwicklung der beiderseitigen Wissenschaftsbeziehungen vermittelt, zum Semesterende werden in einer Podiumsdiskussion unter Beteiligung mehrerer Wissenschaftsorganisationen die weiteren Perspektiven des so erfolgreich betriebenen akademischen Austauschs erörtert.

Die Vorträge werden als Zoom-Webinar mit anschließender Diskussionsrunde durchgeführt. Das gemeinsame Anmeldeformular für alle Veranstaltungen finden Sie unter:
https://us02web.zoom.us/webinar/register/WN_PxG98BdXTGqD_zqh4KtVBA

Die Vorträge werden im Regelfall zwei Wochen nach dem Termin ohne die anschließende Diskussionsrunde auf YouTube zum Nachsehen freigeschaltet. Die Links finden Sie unter der jeweiligen Vortragsbeschreibungen oder als komplette Liste auf Youtube:
https://www.youtube.com/playlist?list=PLJm8fbZHX0MCNA-mwQSepoVgG9GqV7d4A
Bitte beachten Sie, dass bei einzelknen Vorträgen eine anschließende Veröffentlichung nicht möglich ist.

Dr. Mark Speich (Staatssekretär für Bundesangelegenheiten, Europa und Internationales des Landes NRW)
Prof. Dr. Michael Hoch (Rektor der Universität Bonn)
Prof. Dr. Axel Freimuth (Rektor der Universität Köln)

Video des Vortrags auf YouTube
Auszug der Veranstaltung mit japanischen Untertiteln
2019 belegte Japan bei den Militärausgaben weltweit Platz 9. Gleichzeitig ist eines der drei Charakteristika der Verfassung das Friedensprinzip. Die Verfassung von 1946 ist weiterhin unverändert, auch weil es bis vor Kurzem keine verfassungsändernde Mehrheit gab. Um die Realität einer stetig wachsenden Truppe und der Verfassung anzunähern, kommt damit der Verfassungsauslegung eine zentrale Rolle zu. Im Vortrag wird die offizielle Auslegung erläutert, einschließlich der historischen Hintergründe sowie der praktischen Auswirkungen auf Einsätze der japanischen Selbstverteidigungskräfte.

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Der Technologiedeterminismus der 1980er-Jahre, in dem die These vertreten wurde, dass Gesellschaft a priori von der technologischen Entwicklung bedingt wird, gewinnt heute durch den Digitalisierungsdiskurs wieder zunehmend an Aufmerksamkeit. Diese Frage nach dem Technologiedeterminismus muss historisch-komparativ und interkulturell untersucht werden. Das vorzustellende Projekt zielt darauf ab, den Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft angesichts der fortschreitenden „Digitalen Transformation“ in einer Forschungskooperation mit den Wissenschaftlern unserer Partneruniversitäten Waseda, Dōshisha und Shizuoka zu analysieren und unsere wissenschaftlichen Austauschbeziehungen zu verstetigen.
Übergangsprozesse von der Schule in das Erwerbsleben sind in Japan und Deutschland von großer ökonomischer aber auch sozialer Bedeutung. Zentraler Fokus des Vortrags nimmt dabei die Frage ein, welche Rolle die Strukturen und Regelungsmechanismen im Bildungssystem sowie auf dem Arbeitsmarkt in Japan und Deutschland spielen. In diesem Kontext wird auch ein Vergleich der beiden Länderausprägungen vorgenommen und dieser kontextbezogen interpretiert.

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Um in einer immer komplexeren Welt als Gesellschaften und Staaten agieren zu können, in der die Bedeutung Europas abnimmt und neue Gravitationszentren an Einfluss gewinnen, ist es wichtiger denn je, Außenpolitik, ihre Instrumente und Ausrichtung strategischer zu denken und alternative Szenarien zu entwerfen, die  dynamische Risikosituationen besser sichtbar machen und Handlungsfähigkeit erhöhen. Drei konzeptionelle „Brillen“, die auch die Forschungsschwerpunkte im Rahmen der neu gegründeten Katekisama Initiative bilden, werden hier vorgestellt: Global Crossings, Global Convergence und Global Coexistence.

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Der demographische Wandel verändert unsere Gesellschaft grundlegend. Japan ist weltweit das Land mit dem höchsten Anteil über 65 Jähriger und auch in Deutschland wächst der Anteil der Älteren, die schon bald ein Drittel der Bevölkerung ausmachen werden. Da Altern unweigerlich mit steigendem Krankheitsrisiken verbunden ist, wird ein erheblicher Teil der Bevölkerung an altersbedingten Krankheiten leiden: Demenz, Krebs, Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Arthritis und andere chronische Erkrankungen. Alle diese Krankheiten haben eine gemeinsame Ursache: Das Altern.<br/><br/> Die moderne Alternsforschung hat uns bereits tiefe Einblicke in die Ursachen des Alterns gegeben. Erbgutschäden treiben den Alterungsprozess voran, Gene wurden gefunden die Langlebigkeit kontrollieren. Prof. Schumacher wird Ursachen des Alterns erläutern und aufzeigen, welche neuen Möglichkeiten sich abzeichnen dem Alterungsprozess entgegenzuwirken und so altersbedingte Krankheiten zu verhindern und die Gesundheit im Alter zu erhalten.

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Roboter oder Computer zu bauen, die wie echte Menschen denken und sich benehmen, ist einer der Träume der modernen Technik. Die Funktionsmechanismen heutiger Computer sind jedoch völlig anders als die des Gehirns, und wir wissen noch nicht, wie Informationen im Gehirn verarbeitet werden. Mit 10 Milliarden Neuronen ist ein vollständiges Verständnis des menschlichen Gehirns noch nicht machbar. Das Zentralhirn von Insekten, wie z. B. von Fliegen, hat hingegen nur etwa 40.000 Neuronen. Wenn es uns gelingt, den kompletten Mechanismus eines solchen einfacheren Gehirns zu verstehen, kommen wir auch dem Verständnis des menschlichen Gehirns einen großen Schritt näher. Eines Tages sind wir dann vielleicht auch in der Lage, Roboter zu bauen, die wie wir denken und handeln können. Zu diesem Zweck identifizieren wir systematisch bestimmte Neuronen im Fliegengehirn und analysieren deren Struktur und Verbindungen. Um einen vollständigen Überblick zu erhalten, dürfen wir uns dabei nicht nur auf einige wenige zentrale und allseits bekannte Hirnregionen konzentrieren, sondern müssen auch alle dazwischen liegenden Regionen analysieren. In diesem Vortrag werde ich einige Ergebnisse aus solchen Studien vorstellen und mit einer kleinen persönlichen Geschichte meines akademischen Werdegangs und meiner Forschungen zwischen Japan und Deutschland verbinden.

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Japanologie wurde als Textwissenschaft begründet. Kultur ist jedoch weit mehr als nur schriftlicher Text: Bild und Ton (gesprochene Sprache, Musik, Geräusche) gehören untrennbar dazu. Die jetzt digitalisierte Kataoka-Schellackplattensammlung der Universität Bonn erlaubt nun einen einzigartigen Zugang zu diesen Seiten der japanischen Kultur.
Wem gehören die Kulturgüter: dem Eigentümer, der Nation oder der gesamten Menschheit? Diese Frage taucht immer wieder auf, wenn die Restitution kolonialer Raubkunst vom Ursprungsstaat in Anspruch genommen wird, wie die Moai (Chile gegen Großbritannien), der Stein von Rosette (Ägypten gegen Großbritannien) oder die Nofretete (Ägypten gegen Deutschland). Eine vergleichbare Streitigkeit besteht zwischen Japan und Südkorea hinsichtlich einiger Buddha-Figuren. Der Vortrag von Frau Professorin Yuko Nishitani versucht anhand einiger Beispiele die Restitution kolonialer Raubkunst aus rechtlicher Sicht zu analysieren, die neusten Entwicklungen zu erhellen, und die Rückgabe der betreffenden Kulturgüter im Hinblick auf die Identität der Nation zu begründen. <br/><br/>Bereits das klassische Kriegsrecht schützt den Bestand von Kulturgütern. Doch in der Praxis des bewaffneten Konflikts kommt es immer wieder zu bestürzenden Plünderungen und Zerstörungen. Vor diesem Hintergrund ist es von Bedeutung, dass der völkerrechtliche Kulturgüterschutz inzwischen auch im Völkerstrafrecht eine größere Bedeutung erlangt hat. Der Vortrag von Professor Claus Kreß zeichnet das erste Strafverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof nach, bei dem der Kulturgüterschutz im Vordergrund stand.

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Der Mensch ist ein Lebewesen, das sein Leben im Licht einer Vorstellung davon gestaltet, worin eben dieses Menschsein besteht. In diesem Rahmen produzieren wir auf sozial koordinierte Weise Selbst- und Fremdbilder und damit Fiktionen. Wirklichkeit und Fiktion lassen sich auf diese Weise immer nur in einem Medium unterscheiden, dem der menschlichen Selbstbestimmung, das niemals frei von Fiktionen ist. In meinem Vortrag skizziere ich einige Forschungsprojekte, die ich zu diesem Thema mit japanischen Kolleg*innen aus verschiedenen Disziplinen durchführe, um auszuloten, welche Universalien sich über kulturelle Unterschiede hinweg finden lassen, was neben transdisziplinärer vor allem transkultureller Kooperation bedarf.
Prof. Dr. Elke Brüggen: „‚Dinge‘ in mittelalterlicher Literatur“

Dinge erfahren in der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion ganz unterschiedlicher Disziplinen eine gesteigerte Aufmerksamkeit. Im Vortrag soll der Blick auf Dingwelten des Mittelalters gelenkt werden, genauer: auf Dinge als Bestandteile mittelalterlicher Erzähltexte in deutscher Sprache. Am Beispiel des Parzival Wolframs von Eschenbach wird gezeigt, dass die erzählten Dinge freilich nicht isoliert betrachtet werden können, sondern im Rahmen der Trias ‚Raum – Ding – Figur‘ zu sehen sind.

Prof. Dr. IDE Manshu: „Männliche Archetypen in der deutschen und japanischen Literatur der frühen Neuzeit“

Digitalisierung verändert alle menschlichen Lebensbereiche. Nicht zuletzt durch die Maßnahmen zur Eindämmung der SARS-CoV-II-Pandemie seit dem Frühjahr 2020 ist die Nutzung digitaler Medien auch ein unverzichtbarer Bestandteil des Fremdsprachenunterrichts geworden. Aber wie sind die (zukünftigen) Lehrer*innen auf diese Situation vorbereitet? Im Gespräch zwischen Prof. Dr. Majima (Ōsaka Universität) und Prof. Dr. Unkel (Universität zu Köln) wird der Stellenwert der Digitalisierung in der Ausbildung von Japanisch als Fremdsprache-Lehrer*innen in Deutschland und Japan beleuchtet und in einem Vortrag durch Fallbeispiele illustriert.
Hiroshi Sugimotos Fotografie - die harmonische Verbindung allgemein menschlicher Grunderfahrungen mit einem Kunstverständnis, das japanische Tradition, europäische Romantik und moderne Wahrnehmungstheorien ineinander überführt - steht exemplarisch für eine zunehmend multikulturell geprägte, "glokalisierte" (Robertson) Ästhetik - auch Japans.
Moderation:
Dr. Johannes Müller, Universität zu Köln
Dr. Christian Klöckner, Universität Bonn
Referenten:
IWAMA Kiminori, Generalkonsul von Japan in Düsseldorf
Dorothea Mahnke, Leiterin der DAAD-Außenstelle Tokyo
Dr. Julia Junghof, Center for iPS Cell Research and Application (CiRA), Kyoto University
NAITO Maho, Musikwissenschaft der Universität Bonn

Nach einer kurzen Einführung durch den Direktor des Japanischen Kulturinstituts werden Dr. Johannes Müller (Dezernat Internationales, Universität Köln) und Dr. Christian Klöckner (Dezernat Internationales, Universität Bonn) noch einmal auf die in der Ringvorlesung behandelten Inhalte rückblicken.

Herr IWAMA Kiminori, Generalkonsul von Japan in Düsseldorf, gibt exemplarisch einen Einblick in derzeit bestehende Programme zur Förderung des akademischen Austauschs und erfolgreiche Bemühungen um eine fortschreitende Vernetzung bei der Forschungskooperation von Hochschulen beider Länder.
Frau Dorothea Mahnke, Leiterin der Außenstelle des Deutschen Akademischen Austauschdienstes in Tokyo, berichtet von der Stipendienvergabe und Projektförderung durch den DAAD und zahlreichen weiteren Förderorganisationen, aber auch von interessanten Kooperationsbeispielen aus ihrer Berufspraxis.
Anschließend vermitteln zwei junge Forscherinnen jeweils ein ganz konkretes und aktuelles Beispiel, welche Vorteile ein Forschungsaufenthalt im Partnerland mit sich bringt, aber auch die Herausforderungen wie bei der Rückkehr in den heimischen Wissenschaftsbetrieb. Referentinnen sind Frau Dr. Julia Junghof, die im Fachbereich Immunologie der Universität Bonn tätig war, an der Universität Kyoto promovierte und nach Köln zurückkommen wird, und Frau NAITO Maho von der Tokyo University of the Arts, die gegenwärtig in der Abteilung für Musikwissenschaft/Sound Studies an der Universität Bonn promoviert.

Nach den Kurzpräsentationen folgt eine Podiumsdiskussion, bei der auch auf Fragen aus dem Publikum eingegangen wird.