SHO O SUTEYO, MACHI E DEYÔ

WERFT DIE BÜCHER WEG, GEHT AUF DIE STRAßE

Film | Retrospektive Terayama Shûji

WERFT DIE BÜCHER WEG, GEHT AUF DIE STRAßE

書を捨てよ、町へ出よう

SHO O SUTEYO, MACHI E DEYÔ

„Manchmal träume ich von einem Flugzeug, das von Menschenkraft angetrieben wird. Im Traum fliege ich damit.
Im realen Leben bin ich jedoch ein armer 19jähriger, der durch die Prüfung gerasselt ist. Ich lebe in der Nähe der Bahnlinien in einer billigen Wohnung, die wie ein Schweinestall aussieht; ich lebe mit meiner Großmutter, einer einsamen Ladendiebin; mit meinem Vater, der mit seinen 48 Jahren immer noch auf Masturbation steht, früher einmal Offizier in der Armee war und nun arbeitslos ist, und meiner jüngeren Schwester, die stumm ist, humpelt und sexuelle Spiele mit ihrem Kaninchen treibt.
Freiheit ist für mich etwas, das ich nur außerhalb meines Zuhause finden kann. Es ist wie bei den Fußballspielern der Unimannschaft - ich möchte männlich sein wie sie. Meine Großmutter und meine Schwester kommen nicht miteinander aus. Einmal hat meine Großmutter das Kaninchen meiner Schwester getötet, als sie nicht zu Hause war. Daraus hat sie dann Suppe gekocht und sie am Abend serviert. Sie brachte sogar meine Schwester dazu, etwas davon zu nehmen. Als meine Schwester aber dahinterkam, war sie so bestürzt, dass sie aus dem Haus lief. Am nächsten Morgen wurde sie in der Dämmerung im Umkleideraum von der ganzen Fußballmannschaft vergewaltigt. Ich habe es von außen mitbekommen, war aber nicht stark genug, um die Gruppe aufzuhalten. Und währenddessen fühlte ein Teil von mir Mitleid für meine Schwester, aber ein anderer Teil fiel über sie her wie die anderen.
Da ich stark sein wollte, verließ ich den Schweinestall und ging in die Straßen der Stadt hinaus.
Der Film läuft weiter. Es ist nur ein Film. Plötzlich schaue ich heraus aus der leeren Leinwand und fange an, mit dem Publikum zu sprechen. Wenn der Film zu Ende ist, wird nur eine weiße Leinwand übrig bleiben. Ein Film kann nur in der Dunkelheit leben. Sogar die Welt von Polanski oder Fellini verschwindet, wenn Licht angeschaltet wird. Ich möchte aber, dass Filme zur strahlenden Mittagszeit auf den Straßen der Stadt gezeigt werden. Good-bye, movies...movies, good-bye.”

Terayama Shûji

Datum
05.06.2003 19:00 Uhr

Ort
Japanisches Kulturinstitut
Universitätsstraße 98
50674 Köln

Informationen zum Film

  • Regie: TERAYAMA Shûji
  • Spieldauer: 138
  • Produktionsjahr: 1971
  • Übersetzung: OmeU