SHIKASHI...FUKUSHI KIRISUTE NO JIDAI NI

JEDOCH... IN ZEITEN DER KÜRZUNG DER WOHLFAHRT

Film | Filme von Koreeda Hirokazu

JEDOCH... IN ZEITEN DER KÜRZUNG DER WOHLFAHRT

しかし…福祉切捨ての時代に

SHIKASHI...FUKUSHI KIRISUTE NO JIDAI NI

しかし…福祉切捨ての時代に
Im Dezember 1990 nahm sich der leitende Beamte der Abteilung Sozialfürsorge im Gesundheitsministerium, Yamanouchi Toyonori, das Leben. Yamanouchi war für diverse, scheinbar nicht miteinander verbundene Aufgaben zuständig: von der Altenfürsorge bis hin zu den Reparationszahlungen an die Opfer der Minamata-Krankheit. Er galt als Ausnahme in der Welt des japanischen Beamtentums, weil er ernsthaft um seine Schutzbefohlenen besorgt und bemüht war. Er versuchte, ihnen das zukommen zu lassen, was ihnen seines Ermessens nach zustand, was nicht notwendigerweise identisch war mit dem, was das Gesetz für sie vorsah: Yamanouchi versuchte, die Not so gut er konnte zu lindern. Warum er sich das Leben nahm, weiss man nicht, zu vermuten steht, dass er diesen Schritt aus Scham darüber wählte, da er seinem Empfinden nach immer weniger für die Menschen tun konnte. Vermutlich fühlte er sich immer mehr wie ein Rädchen in der Maschinerie der Verwaltung des Daseins und empfand sich in seinem selbstattestierten Versagen als schuldig vor den, „seinen“, Opfern und zog sich schließlich selbst zur Verantwortung.

Etwa zur gleichen Zeit wie Yamanouchi nahm sich ein weiterer Mensch das Leben: Eine junge Frau, die an der Minamata-Krankheit litt, und deren Bezüge man immer weiter gekürzt hatte. Wahrscheinlich dachte sie, dass jedes Weiterleben würdelos sei. Die Frage der Menschenwürde stand am Anfang von Koreedas Beschäftigung mit der Wohlfahrt: Bei einem Ehemaligentreffen erzählten mehrere seiner alten Schulkameraden, dass ihre Eltern auf die Fürsorge angewiesen gewesen wären, und dass sie aus Scham darüber in der Schule nie davon gesprochen hätten. Warum schämen sich Menschen dafür, Hilfe von öffentlicher Hand anzunehmen?

Shikashi ... Fukushi kirisute no jidai ni kreist um Tote, tote Zentren, Löcher im Gewebe der Gegenwart, welche eigentlich der Anwesenheit all jener bedarf, deren Sterben da nicht vorgesehen war. So musste Koreeda sein 'Kompilationsstück' (wie er die Arbeit einmal bezeichnete) aus Bruchstücken von Erinnerungen der Zurückgelassenen zusammensetzen. Er stützte sich auf Aussagen von Kollegen, Freunden, Familienmitgliedern und kreiste so die möglichen Motive ein. Angedeutet wurden dabei die Ausmaße der sich anbahnenden sozialen Katastrophe, und erfahrbar gemacht jene Löcher in der sichtbaren Welt.

Koreeda verdichtete diese Einkreisung weiter mit einem Buch, in dem er die Ursachen des Todes von Yamanouchi recherchiert, primär basierend auf Gesprächen mit dem sozialen Umfeld des Verstorbenen. Das Buch ist 1992 unter dem Titel Shikashi... Aru fukushi kôkyû kanryô shi e no kiseki und als Neuauflage im Jahr 2001 unter dem Titel Kanryô wa naze shi o eranda ka erschienen.

Datum
04.04.2005 19:00 Uhr

Ort
Japanisches Kulturinstitut
Universitätsstraße 98
50674 Köln

Informationen zum Film

  • Regie: KOREEDA Hirokazu
  • Spieldauer: 47
  • Produktionsjahr: 1991
  • Übersetzung: OmeU