Retrospektive Ichikawa Kon

Filmreihe

Retrospektive Ichikawa Kon

RETROSPEKTIVE ICHIKAWA KON

Ichikawa Kon ist ein totaler Cineast, der das Kino bis zur Neige lebt, und dessen Oeuvre zum vitalsten und vielschichtigsten gehört, worin man sich als Cinephile verlieben kann.

In den 50ern, 60ern und 70ern galt ICHIKAWA Kon dank internationaler, oft ausgezeichneter Werke wie Biruma no tategoto (1956), Enjô (1958), Kagi (1959), Nobi (1959), und Tôkyô Olympics (1965) als einer der wichtigsten Filmemacher der Welt - eine italienische Monographie aus den frühen 70er Jahren bezeichnete ihn als den "terzo grande", den „dritten Großen“ des japanischen Kinos (nach KUROSAWA Akira und MIZOGUCHI Kenji). Mitte der 70er jedoch geriet dieser Gigant des japanischen Kinos in die Vergessenheit filmkritischer Indifferenz, beim Publikum hingegen blieb er stets beliebt und sein Name stand als Synonym für anspruchsvolle Unterhaltung.

In den letzten Jahren jedoch vollzog sich wieder einmal ein Wandel in der filmkritischen Rezeption seines Schaffens: Man entdeckt ihn von Neuem - parallel zu seinem früh verstorbenen Meisterschüler MASUMURA Yasuzô - als einen der großen Modernen des Kinos.

Die Karriere des am 20.11.1915 in Uji-Yamada (heute ein Stadtteil von Ise, Präfektur Mie) als Sohn eines Kimono-Kaufmanns geborenen ICHIKAWA Kon begann 1933, als er nach Abschluss seines Ingenieurstudiums bei dem J.O.(= Jenkins/Ozawa)-Studiobetrieb als Lehrling in der Animationsabteilung begann. ICHIKAWA, zu dessen zentralen Einflüssen Walt Disney gehört, liebt Animationsfilme, kann er in ihnen doch seine beiden großen Lieben, den Film und die Illustrationskunst, zusammenführen. Als J.O. mit der Produktionsgesellschaft P.C.L. (= Photo Chemical Laboratories) und der Kinokette-cum-Vertriebsfirma Tôhô unter deren Banner fusionierte, und daraufhin die J.O.-Animationsabteilung aufgelöst wurde, beförderte man ICHIKAWA zum Regieassistenten: So landete er beim Realfilm.

Er hatte das Glück, vier höchst faszinierende Regisseure als Lehrmeister zu haben: ABE Yutaka, ISHIDA Tamizô, NAKAGAWA Nobuo und ITAMI Mansaku, einen bei dem Hollywood-Pionier Thomas H. Ince ausgebildeten Action-Profi und linken Satiriker.

Sein Debut gab Ichikawa 1946 mit dem Puppenanimationsfilm Musume Dôjôji, der auf Grund von Problemen mit der Besatzungszensur allerdings nie zur Aufführung kam. Sein erster in Eigenregie inszenierter Spielfilm, das Melodram Hana hiraku, entstand erst zwei Jahre später.
Bis Biruma no tategoto (1956), mit dem ihm gleichzeitig der internationale und der letztgültige nationale Durchbruch gelang, galt Ichikawa als ein zu Zeiten faszinierender, durchaus ambitionierter, gern querköpfiger und dann doch immer kompromissbereiter Handwerker mit einem Händchen für Satiren und Komödien - ein Ruf, den er mittlerweile wieder inne hat, und der, wie schon angedeutet, seine Rezeption nun seit Dekaden überschattet.

Man sollte nicht glauben, Ichikawa wäre ein l'art pour l'art-Apologet: Es gibt diesen Aspekt in seinem Schaffen, doch nur wenige Werke sind allein dadurch charakterisiert - eigentlich nur seine gewaltigen Farbfilm-Meisterwerke Nihonbashi (1956) und Yuki no jôhenge (1963). Und er ist sicherlich ein Humanist, wenn auch eher ein träumerischer, was sich in - so ansonsten völlig gegensätzlichen - Filmen wie dem rührenden Otôto (1960), dem drolligen Watashi wa nisai (1962), dem ergreifenden Hakai (1962), und seinen erhebenden Sportdokumentationen Tôkyô Olympics (1965) und Seishun (1968) klar zeigt. So wie Ichikawa ein facettenreicher Filmemacher, ein ironischer Wiederspiegler der Widersprüchlichkeiten ist, so lassen sich die Stimmungen, die Tonarten in seinen Werken nicht so leicht trennen, Film für Film auf einen Nenner bringen: Die Welt ist ein einziger Zwiespalt, und alles Licht, was hineinfällt, wie schön und wärmend es auch an sich sein mag, verweist letztendlich doch nur auf die Schwärze drumherum: So charakterisiert das Gros seiner zentralen Meisterwerke - darunter Kokoro (1955), Enjô (1958), Kagi (1959), Nobi (1959), Kuroi jûnin no onna (1961), und Matatabi (1973) - denn auch eine finst're Stimmung zwischen Hysterie und Grausamkeit.

Ichikawas Lieblingsschriftstellerin ist Agatha Christie (sein Autorenpseudonym ist denn auch "Christie"). Wenn bei Dame Agatha zwei Personen zu lange unbeobachtet in einem Zimmer bleiben, bringt todsicher einer den anderen um - Gründe gibt's immer. So ist die Welt. Das ist der subtil-ironische Realismus des exquisiten Ästheten ICHIKAWA Kon.

Olaf Möller

Datum
04.11.2002 - 07.02.2003

Ort
Japanisches Kulturinstitut
Universitätsstraße 98
50674 Köln

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