Hommage an Ohno Kazuo

Ein Filmabend mit Regisseur Peter Sempel

Filmreihe

Hommage an Ohno Kazuo

Ein Filmabend mit Regisseur Peter Sempel

Hommage an Ohno Kazuo
©Peter Sempel, aus: Just Visiting This Planet, von P. Sempel
©Peter Sempel, aus: Just Visiting This Planet, von P. Sempel

Ohno Kazuo, einer der bedeutendsten Butoh-Tänzer Japans, ist am 1. Juni 2010 im Alter von 103 Jahren gestorben. In Gedenken und als Hommage an diesen legendären Künstler zeigt das Japanische Kulturinstitut den Film KAZUO OHNO - ICH TANZE INS LICHT (2004) von Peter Sempel.
Peter Sempel, der die Arbeit von Ohno über viele Jahre hinweg filmisch begleitet hat, gibt eine Einführung und wird nach der Filmvorführung mit dem Publikum diskutieren.

Zusätzlich dazu zeigen wir am Freitag, 9. Juli 2010 ab 19 Uhr den Film BI TO CHIKARA (Beauty and Strength) aus dem Jahr 2001 (110 min., OmeU). Die japanische Produktion gibt einen umfassenden Einblick in das vielfältige Schaffen von Ohno Kazuo und zeigt einen Zusammenschnitt verschiedener Auftritte.

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Ohno Kazuo wurde am 27.10.1906 auf Hokkaidô im Norden Japans geboren und nahm als junger Erwachsener zunächst ein Studium am Japan Athletic College auf. In diese Zeit fällt eine Begegnung, die Ohno nach eigener Aussage tief bewegte und sein weiteres Leben entscheidend prägte. Auf Einladung eines Bekannten durfte er einen Auftritt der argentinischen Tänzerin Antonia Mercé erleben, einer Frau, die dem spanischen Tanz ihrer Zeit bedeutende neue Impulse verlieh und bei ihren Anhängern die Beinamen „La Argentina“ und „Königin der Kastagnetten“ trug.

Die ersten Jahre nach seinem Abschluss war Ohno an einer privaten christlichen Schule in Yokohama als Sportlehrer tätig, trainierte aber auch mit den beiden Pionieren des modernen japanischen Tanzes, Ishii Baku und dem Choreographen Eguchi Takaya, der in Deutschland bei Mary Wigman Neuen Tanz studiert hatte. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde die tänzerische Laufbahn aber jäh unterbrochen, denn Ohno wurde einberufen und diente für neun Jahre der japanischen Armee in China und Neuguinea, wobei er das letzte Jahr davon in Kriegsgefangenschaft verbrachte.

Nach Tôkyô zurückgekehrt betrat Ohno im Alter von 43 Jahren die öffentliche Tanzbühne und fand in den 1950er Jahren durch die Bekanntschaft mit dem Tänzer und Schriftsteller Hijikata Tatsumi (1928-1986) zum Butoh-Tanz. Hijikata war die zentrale Figur der neuen Butoh-Bewegung, die zwischen Tanz und Theater verortet war und eine radikale Abkehr von den westlichen Tanzformen darstellte, die in Japan beliebt waren. Er gründete 1961 den Ankoku Butoh („Tanz der Dunkelheit“), der mit allen Konventionen populärer Tanzformen brach und eine expressive, ekstatische Formensprache entwickelte. Unter der Regie von Hijikata brachte Ohno 1977 sein erstes Butoh-Solostück zur Aufführung, das er als Würdigung an Antonia Mercé Ra Aruhenchína Shô („In Bewunderung für La Argentina“) nannte. Das Stück gilt bis heute als einzigartiges Meisterwerk und wurde weltweit aufgeführt.

Damit war der Grundstein für die internationale Karriere von Ohno gelegt, er tourte fortan auf Festivals in Europa, den USA, Südamerika, Australien und Asien. Häufig trat er gemeinsam mit seinem Sohn Yoshito auf, der auch heute noch das Kazuo Ohno Dance Studio fortführt.

Auch im hohen Alter war Ohno als Butoh-Tänzer aktiv, wobei er in Reaktion auf seine immer schwächer werdende Gesundheit neue Formen des Ausdrucks entwickelte. Als ihn seine Beine im Stich ließen, sogar aus dem Rollstuhl heraus.

Ohno Kazuo lebt nicht allein im Butoh weiter, sondern hat auch viele andere Künstlerkollegen in ihrem Schaffen inspiriert. So zum Beispiel den renommierten Photographen Hosoe Eikoh, der über viele Jahrzehnte mit Ohno befreundet war und ihm zum 100. Geburtstag die Arbeit Butterfly Dream gewidmet hat. Auf der zweiteiligen Querrolle sind in chronologischer Abfolge einzelne Höhepunkte im Schaffen von Ohno dargestellt, durchbrochen von lyrischen Texteinschüben berühmter Zeitgenossen. Bis Ende Mai 2010 war diese Arbeit im Rahmen einer Einzelausstellung von Hosoe Eikoh im Japanischen Kulturinstitut zu sehen.

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KAZUO OHNO - ICH TANZE INS LICHT ist ein Dokumentarfilm, bei dessen Dreharbeiten Ohno bereits 97 Jahre alt war, aber immer noch in seinem Studio in Yokohama unterrichtete. Neben Ohno Kazuo gibt es im Film zwei weitere Personen von entscheidender Bedeutung zu sehen: sein Sohn Yoshito, der seinen Vater fast immer begleitet, als Sprecher, Mittänzer, Organisator und Helfer sowie eine junge Schülerin von Ohno, Tanya Khabarowa, die mit ihrer Tanzgruppe Derevo aus St. Petersburg kommend, mittlerweile international gefeiert wird und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. Der Film läuft im Original mit Untertiteln (2004, 58 min.).

Der Regisseur Peter Sempel wurde in Hamburg geboren und verbrachte seine Kindheit im Australischen Outback. 1968 kam er zurück nach Hamburg und studierte Amerikanische Literatur und Sport. 1981 drehte er seine ersten Filme mit Schwerpunkt Musik und Tanz, inspiriert von Punk und Oper.
Die erste filmische Zusammenarbeit zwischen Sempel und Ohno fand 1985 statt. Sempel nahm damals in Tôkyô die tanzenden Kazuo und Yoshito Ohno auf und ließ sie später als Gäste in seinem Film Dandy  auftreten (Premiere 1988). Die Zusammenarbeit wurde 1991 mit dem dokumentarischen Phantasiefilm Just Visiting This Planet fortgesetzt, bei dem u.a. auch Blixa Bargeld, Nina Hagen, Jonas Mekas und Tanya Khabarowa mitwirkten.
Weiterführende Informationen zu Peter Sempel finden sich unter http://www.sempel.com/.

Datum
07.07.2010

Ort
Japanisches Kulturinstitut
Universitätsstraße 98
50674 Köln